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MARQUETTE, Jacques,

Missionar und Entdecker,

* 10.6. 1637 in Laon, Dept. Aisne (Frankreich),
+ 18./19.5. 1675 bei Ludington, Michigan (USA)

Entstammt einer alten, angesehenen Familie der Picardie; seine Mutter Rose ist eine Verwandte des Ordensgründers Jean Baptiste de La Salle.
Mit 17 trat Marquette in Nancy in die Gesellschaft Jesu ein, empfing nach dem Studium (Philosophie und Mathematik) am 7.3. 1666 in Toul die Priesterweihe und wurde für die Mission in Neu-Frankreich (Kanada) bestimmt; Ankunft in Quebec am 20.9. 1666.
Nach einer Vorbereitungszeit, während der er vor allem indianische Sprachen erlernte (Marquette beherrschte schließlich sechs Dialekte), wirkte er zunächst im Gebiet um Sault Ste. Marie, dem damals westlichsten Außenposten weißer Besiedlung, dann am Südwestufer des Lake Superior. Hierher gelangten auf ihren Wanderungen auch weiter südlich lebende Indianerstämme und mit ihnen weitere Kunde von einem großen Fluß, über den wenig mehr als Gerüchte bekannt waren.

Die Erschließung neuer Missionsfelder, die Erkundung von Länge und Verlauf des Flusses und der ökonomischen Möglichkeiten ließen Marquette im Auftrag seiner Oberen und Louis Jolliet (1645-1700) im Auftrag des Generalgouverneurs im Mai 1673 zu einer Expedition (Jolliet-Marquette-Expedition) aufbrechen, die über den Lake Michigan in die Green Bay und über den Fox-River zum Wisconsin führte. Am 17.6. 1673 erreichten sie in ihren indianischen Kanus den Mississippi, den »Vater der Flüsse«, wie ihn die Indianer nannten, den sie als erste Europäer von den Großen Seen aus befuhren. Sie waren bis etwa zur Einmündung des Arkansas gelangt (33° 40' nördl. Breite), als sie die Gewißheit erhielten, daß »der Fluß so lange nach Süden fließt, bis sich seine Ufer verlieren und das Wasser bitter schmeckt«. Unzweifelhaft stand nun fest, daß der Mississippi sich nicht in den Pazifik ergoß und damit keinen neuen Handelsweg nach China und Indien eröffnete, sondern in den Golf von Mexiko mündete und in die Nähe der spanischen Kolonien führte. Um die Entdeckung zu sichern, traten sie am 17.7. den Rückweg an (über den von Marquette so benannten Illinois-River wesentlich verkürzt), erreichten im September 1673 den Lake Michigan in Höhe des heutigen Chicago und bald die Green Bay. Während Jolliet zur Berichterstattung nach Québec aufbrach, kehrte Marquette zur Missionierung an den Illinois zurück.
Die unvorstellbaren Strapazen der Expedition hatten Marquettes Kräfte aber derart verzehrt, daß er auf einer Reise nach Sault Ste. Marie am Ostufer des Lake Michigan, an der Einmündung des nach ihm benannten Flüßchens (nähe des heutigen Ludington), kaum 38jährig in den Armen seiner indianischen Begleiter starb. Seine sterblichen überreste wurden zwei Jahre später in die von ihm gegründete Missionsstation St. Ignace an der Straße von Mackinac, der Einfahrt in den Lake Michigan, überführt.
Die Jolliet-Marquette-Expedition zählt zu den großen Leistungen der Durchdringung des Kontinents, deren Folgen zu jener Zeit nicht abzusehen waren. Sie führte nicht nur zu vielfältigen neuen Kenntnissen, sondern unmittelbar zur Expedition des Robert Cavelier de La Salle, der 1682 dem vorgezeichneten Weg folgte, den Mississippi bis zur Mündung befuhr und ihn mit dem Einzugsbereich seiner Nebenflüsse für Ludwig XIV. von Frankreich in Besitz nahm (Louisiana).
Der Anteil Marquettes an der Mississippi-Erkundung ist oft zum Nachteil Jolliets überbewertet worden, wenngleich sein einnehmendes und ausgleichendes Wesen entscheidend zu ihrem Gelingen beigetragen hat; Marquettes Urheberschaft an den Reiseberichten, die zum Besten der amerikanischen Entdeckerliteratur zählen, ist dagegen zu Unrecht zeitweise bezweifelt worden.
Städte, darunter Marquette am Südufer des Lake Superior mit Sitz eines katholischen Bischofs (Suffragan von Detroit), Countys etc. tragen ebenso Marquettes Namen wie eine 1904 gegründete Gesellschaft zur Vertiefung des Glaubens bei katholischen Indianern und die von Jesuiten gegründete und geleitete Marquette-University in Milwaukee, Wisconsin. Wie Kino Arizona, so repräsentiert Marquette den Staat Wisconsin in der Statuary Hall of Fame in Washington D.C. Einzelne Städte (z.B. Chicago) setzten ihm bzw. den Expeditionsteilnehmern ein Denkmal. Auch an der Einfahrt in den von Marquette so oft befahrenen Lake Michigan grüßt eine Statue des »Entdeckers im schwarzen Rock« die Vorbeifahrenden.

Quellen: Erstveröffentlichung Marquettes Reiseberichts (in Auszügen): Melchisedech Thévenot, Recueil des voyages, Paris 1681; zahlreiche übersetzungen verschiedener Ausgaben, bruchstückhafte dt. übersetzungen nur in allgemeinen Darstellungen der Entdeckungsgeschichte, z.B. in: Urs Bitterli (Hrsg.), Die Entdeckung und Eroberung der Welt. Dokumente und Berichte I, München 1980, 113/5. - Reuben G. Thwaites (Hrsg.), The Jesuit Relations and Allied Documents. Travels and Explorations of the Jesuit Missionaries in New France 1610-1791, 73 Bde., Cleveland 1896/1901, bes. Bde. 52, 57, 59; Material zu erwarten ist auch in den vom Historischen Institut der Jesuiten, Rom, hrsg. Monumenta Novae Franciae, bisher 4 Bde. (-1640).

Lit.: John Gilmary Shea, Discovery and Exploration of the Mississippi-Valley, New York 1852; - Henry Harrisse, Notes pour servir à l'histoire, à la bibliographie et à la cartographie de la Nouvelle France, Paris 1872 (Nachdruck Amsterdam 1976), 121/43. 195/7 u.ö.; - Pierre Margry, Mémoires et Documents pour servir à l'histoire des origénes Française des Pays d'Outre-Mer I, Paris 1879, 266/70; - Francis Parkman, La Salle and the Discovery of the Great West, Boston 188012; - Camille de Rochemontaix, Les Jesuits et la Nouvelle France au XVIIe s. III, Paris 1896, 1/40; - Reuben G. Thwaites, Father Marquette, New York 1902 (mehrfach aufgelegt); - Ders., France in America 1497-1763, New York/London 1905; - Georg Friederici, Der Charakter der Entdeckung und Eroberung Amerikas durch die Europäer, 3 Bde, Stuttgart 1925/36 (Nachdruck Osnabrück 1969), bes. II, 436 f; zur Missionstätigkeit der Jesuiten in Neu-Frankreich ebd. 543/71; - Francis Borgia Steck, The Jolliet-Marquette-Expedition, Washington D.C. 1927 bzw. Quincy 1928 (Nachdruck Ann Arbor 1967); - Norman W. Caldwell, The French in the Mississippi Valley, Urbana 1941; - Jean Delanglez, Frontenac and the Jesuits, Chicago 1939; - Ders., Life and Voyages of L. Jolliet, Chicago 1948; - Ernest J. Burrus, Father J. Marquette, S.J. His Priesthood in the Light of the Jesuit Roman Archives, In: CHR 41 (1955) 257/71; - William J. Eccles, Canada under Louis XIV, 1663-1701, Toronto/New York 1964; - Ders., The Canadian Frontier, 1534-1760, New York 1969; - Joseph P. Donnelly, J. Marquette, Chicago 1968; - Raphael N. Hamilton, Marquette's Explorations, Madison 1970; - EncCatt VIII, 186 f; - LThK2 VII, 105; - NCE IX, 254; - Catholicisme VIII, 708/11.

Norbert M. Borengässer

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